Bei den Dinosauriern

Von Potosí fuhren wir weiter nach Sucre! Genießer legen diese Strecke mit der Bahn zurück. Beim einzigen Verkehrsmittel auf der Bahnstrecke Sucre-Potosí handelt es sich nicht um einen Zug im herkömmlichen Sinne, sondern um einen umgebauten VW-Bus mit ca. 20 Sitzplätzen. Dreimal pro Woche schraubt sich dieses Vehikel den Berg von Sucre nach Potosí hinauf und wieder hinunter. Am Tag vor der Reise wanderte ich ein paar Kilometer die Strecke entlang, wobei mir klar wurde, dass weder Konstruktionen wie diese,

noch Schweineherden

oder Verwerfungen

so einen ferrobús aufhalten können. Unterwegs räumte ich auch einige größere Steine von den Gleisen. Auf der Höhe des Flughafens von Potosí kam mir der ferrobús schließlich entgegen.


Die Bahnstrecke zwischen Potosí und Sucre war bereits stillgelegt, wurde aber vor einigen Jahren wiedereröffnet. Angeblich sollte die Strecke Touristen anlocken, mittlerweile wird die Verbindung aber als soziales Projekt betrachtet – an der Strecke liegen einige kleine Dörfer, die über keine Straßenanbindung verfügen.

Am nächsten Tag in der Früh ging es los. Unser Gepäck landete, wie es bei kleineren Bussen üblich ist, auf dem Dach, die Fahrt verlief, nachdem ich die Strecke tags zuvor befahrbar gemacht hatte ;-), ohne größere Zwischenfälle und dauerte rund sieben Stunden. Die Landschaften waren atemberaubend, mir persönlich gefiel die Strecke besser als die des Glacier-Express. Und weil wir nicht in der Schweiz waren, sondern in Bolivien, kostete die Fahrt auch nur 3 €. Sogar eine größere Eisenbahnbrücke hatte man für den ferrobús reaktiviert.


Das Gleis befand sich teils hunderte Meter über dem Boden an steilen Berghängen, und mitunter passierten wir die ausgesetzten Kurven recht flott – was mich nur insofern beunruhigte, als das Tachometer des umgebauten VW-Busses kaputt war. Hier setzt man eben noch auf Fingerspitzengefühl.


Wir hielten nur vereinzelt in kleinen, isolierten Dörfern. Der Schienenstrang ist hier die einzige Verbindung zur Außenwelt, die Ankunft des ferrobús ein Höhepunkt des Tages. Die Leute, die hier einstiegen, hatten schmutzige Gesichter, und sie stanken.


*


Mit Daniel, unserem Couchsurfer aus Sucre, erkundeten wir die Stadt. Sucre ist die bolivianische Hauptstadt, durchaus hübsch anzusehen und durch seine Lage auf 2.800 m klimatechnisch neben Cochabamba der angenehmste Ort in Bolivien. Die Sitten sind – wie überall in Bolivien – etwas rau. Beispielsweise bestellten wir in einem Lokal einen Tumbosaft und, als wir uns Hals über Kopf in diese fantastische Frucht verliebt hatten, einen zweiten. Als sich die Bedienung unsicher war, ob sie das richtige Getränk gebracht hatte, nahm sie mein Glas noch einmal kurz in die Hand und steckte einen Finger hinein.


Daniel arbeitet in einer Schokoladenfabrik, und die zeigte er uns am nächsten Tag. Die Schokolade ist mit der europäischen allerdings kaum zu vergleichen.


Als wir ein paar Stunden später eine Straße entlangschlenderten, rannten wir unversehens in Guillermo, einen der zwei netten Spanier, die wir auf der Todesstraße bei La Paz kennengelernt hatten, hinein! Er lud uns auf der Stelle zum Abendessen ein, und so lernten wir seine Frau auch noch kennen. Guillermo hat vor einigen Jahren nach Bolivien geheiratet und importiert nun spanische Kleidung, die er gemeinsam mit seiner Frau in einem Laden in Sucre verkauft. Der Laden laufe gut, erzählte seine Frau, das Geheimnis sei der bessere Service: Bei ihnen könne man Kleidung umtauschen, ein Novum in Bolivien! Sie erzählte, dass sie einmal in einem bolivianischen Gewandgeschäft nach einer anderen Größe gefragt hatte. Die Reaktion der Verkäuferin: „Schleich dich, du Schlampe!“


Guillermo und seine bolivianische Frau haben eine hübsche Wohnung im Zentrum von Sucre. Bolivien behandle ihn gut, sagte Guillermo.


Auch den Saurierpark von Sucre besuchten wir. Den Dinosauriernachbildungen auf dem Gelände schenkten wir jeweils ungefähr einen halben Blick, von Interesse war die dem Areal gegenüber gelegene Bergwand: Was vor etwa 70 Millionen Jahren der Uferschlamm eines Sees war, ist nach der Auffaltung der Anden heute eine fast senkrechte Bergwand mit Fußspuren von knapp 300 Dinosaurierarten. Der Zustand der 1994 identifizierten Spuren und ihre Anzahl sind weltweit einmalig, die Schuhgrößen unterschiedlich. Die Fußstapfen der größten in Sucre vertretenen Urviecher, der Titanosaurier, sind 70 Zentimeter lang.

 

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