Arica!

Über Calama ging es weiter nach Arica! Wir fanden herzliche Aufnahme bei Juan Pablo und Carla, den mit Abstand nettesten (und einzigen) Chilenen, die wir kennenlernten. Die beiden bewohnen ein winziges, angeblich erdbebensicheres Reihenhaus am Stadtrand und arbeiten in einem der größten Kupferbergwerke der Welt. Sie zeigten uns die Stadt samt Umgebung.


Wir stellten fest, dass Arica das mit Abstand Europäischste war, was wir seit unserer Ankunft in Santa Cruz gesehen hatten. Und trotzdem war es irgendwie auch ziemlich südamerikanisch: Die meisten Chilenen sind Weiße, die Wohngegenden erinnern einen hie und da an Südeuropa, und der Straßenverkehr ist erfrischend zivilisiert – aber der mercádo unterscheidet sich durch nichts von einem Markt in Peru oder Costa Rica.


Auf dem Morro de Arica, einer 140 Meter hohen Felsklippe über der Stadt, steht die größte Flagge, die ich jemals gesehen habe. Die Chile-Fahne von Arica sieht man vom Pazifik aus lange, bevor man die Küste erreicht. Möglicherweise sieht man sie sogar von Bolivien – und darauf kommt es an: Die Region Antofagasta, in der sich Arica befindet, gehört erst seit dem Salpeterkrieg von 1879-84 zu Chile. Evo Morales hat in den letzten Jahren mehrmals verkündet, dass das Gebiet eigentlich zu Bolivien gehört. Ich hatte den Bolivianern versprochen, in Antofagasta eine bolivianische Flagge zu hissen, aber wo bekommt man in Arica auf die Schnelle eine 200 m² große Bolivien-Fahne her?! Ich musste meinem Versprechen also leider untreu werden. Mittlerweile wurde die Riesen-Fahne von Arica übrigens durch ein noch größeres Modell ersetzt. Der Ort markiert die letzte Bastion der Peruaner, die im Salpeterkrieg auf bolivianischer Seite kämpften.


Mit Juan Pablo machten wir es uns in einem chilenischen und einem peruanischen Fastfood-Lokal gemütlich. Die Burger waren hier wie dort eher ekelerregend, aber wir lernten eine nette Eigenheit der peruanischen Saft- und Milch-Kultur kennen: Sobald der Erdbeersaft oder die Bananenmilch ausgetrunken ist, wird nachgeschenkt.


Das klassische Südamerika-Fastfood ist übrigens Hendl mit Pommes. Dazu trinke ich am liebsten Bananenmilch. Ein wunderbares Gericht, aber irgendwann hängt es einem trotzdem zum Hals heraus: Pollo con papa y plátano con leche.


Unsere Gastgeber bekochten uns, wir bekochten sie, und dann spielten wir mit Batman, der vielleicht bösesten Katze der Welt: Ein einziger Blick aus den gelben Augen dieses schwarzen Raubtiers genügt, um einen ganzen Indianerstamm auszurotten. Außerdem beherrscht das Vieh sogar den Hitlergruß.


Im Hafen von Arica entschlossen wir uns zu einer Rundfahrt: Im Pazifik vor Arica wimmelt es von Robben. Am liebsten machen es sich die Tiere auf den riesigen walzenförmigen Bojen gemütlich, die rund anderthalb Meter aus dem Wasser ragen. Und das geht so: Einige Robbenweibchen nehmen Anlauf, schießen aus dem Wasser heraus und schaffen es meist nach einigen Versuchen, auf die Boje zu gelangen. Die Männchen, die aufgrund ihres größeren Gewichts nicht so hoch springen können, müssen warten, bis die Weibchen auf der Boje in Summe schwer genug sind, um den Schwimmkörper auf ein für sie erreichbares Niveau herunterzudrücken.


Zurück am Festland suchte ich mir anschließend die größte in der Sonne faulenzende Robbe heraus und stupste sie an – biologische Feldforschung nennt man sowas. Woraufhin die Robbe wie der Blitz herumfuhr und mir ins Gesicht brüllte!


Außerhalb von Arica befinden sich in einem Museum die mit 7.000 Jahren ältesten Mumien der Welt, die Chinchorros-Mumien. Lange bevor die Ägypter auf die Idee kamen, ihre Toten zu präparieren, entwickelten die Chinchorros in der Atacama allerhand originelle Mumifizierungs-Techniken. Ein Teil der Toten wurde beispielsweise in die Einzelteile zerlegt (Dabei wurde sogar das Fleisch abgeschabt, bis nur mehr die Knochen übrig waren) und dann mithilfe unterschiedlichster Materialien wieder zusammengebaut. Aufs Gesicht kam bei einem Teil der Mumien eine Tonmaske. Abschließend wurde die ganze Mumie rot oder schwarz angemalt. Sogar ungeborene Kinder wurden von den Chinchorros konserviert.


Außerdem besuchten wir das Santuario del Picaflor, einen Ort, an dem man gut essen und Kolibris beobachten kann. Dort sahen wir den Werbetanz eines Kolibrimännchens: Ein verliebter Kolibri muss, wenn er seine Kolibridame beeindrucken möchte, etwa einen Meter vor dem Nest im Rückenflug mit dem Kopf nach unten in der Luft verharren und aus Leibeskräften mit den Flügeln schlagen.


Juan Pablo und Carla begleiteten uns noch bis ins peruanische Tacna.

 

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